Geschichte
Julius Schickard hatte 1711 beim Herzog von Württemberg beantragt, unbebautes Ackerland im Osten der Gemarkung Altlußheims bewirtschaften zu dürfen:
das Gebiet der heutigen Altlußheimer- und Hockenheimer Straße.
Auf dem Grundstück des Gasthauses "Zum Bären" (heute "La Fontana di Capri") eröffnete er, nachdem seinem Antrag stattgegeben war, einen Meierhof mit Wirtschaft und Bierbrauerei.
Dort beschäftigte Tagelöhner bildeten den Ansatz zum neuen Dorf. Wie aus einem Plan von 1723 hervorgeht, war die Siedlung von Anfang an in regelmäßigem, kreuzförmigem Grundriss angelegt.
Sie wurde 1716 erstmals "Lußhofen" genannt und vielfach mit dem nicht schlüssig zu deutenden Spottnamen "Calabria" belegt.
Ab 1735 erscheint sie gelegentlich unter dem Namen "Nej-Lußheim", der ihr 1816 amtlich verliehen wurde. Altlußheim und das Hochstift Speyer, das in der Sache nicht um Zustimmung gefragt worden war, waren Gegner von Anfang an. So beantragte Altlußheim 1723, die Zahl der Neulußheimer Bürger von 50 auf 30 zu reduzieren. Da jedoch die günstige Lage an der Straße das Wachstums des Orts förderte, konnte die weitere Ausdehnung nicht verhindert werden.
Ab 1870 wurde diese durch die Bahnstation maßgeblich unterstützt. Bis dahin hatte sich der Ort durch Verlängerung der Achsen, Bebauung des großen Schickardschen Grundstücks südlich der Straße nach Speyer und Unterteilung alter Hausplätze weiter entwickelt. Das Wachstum der beiden südlichen Viertel entwickelte sich zwischen den Weltkriegen. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm der Ort rund 400 Heimatvertriebene aus dem Sudetenland, Ungarn und den deutschen Ostgebieten auf. Sie haben hier eine zweite Heimat gefunden.
Heute zählt Neulußheim rund sechseinhalb tausend Einwohner. Seit über zwei Jahrzehnten besteht eine vereinbarte Verwaltungsgemeinschaft mit der Stadt Hockenheim und den Nachbargemeinden Altlußheim und Reilingen. In deren Rahmen werden Flächennutzungsplanung und Trinkwasserversorgung gemeinsam verantwortet; zu Erwachsenenbildung (VHS) und einer Sing- und Musikschule haben sich die Partner der Verwaltungsgemeinschaft ebenfalls verbündet. Grundschulen gibt es in allen vier Gemeinden, eine Werkrealschule in Reilingen und Neulußheim und ein weiterführendes Schulangebot (Realschule und Gymnasium) in der Stadt Hockenheim.
Kennzeichnend für die Entwicklung Neulußheims in den vergangenen zwei Jahrzehnten sind beachtenswerte bauliche und kulturelle Aktivitäten. Die Herausnahme der Straßenverkehrswege (B 36 und B 39) und die Neutrassierung der Bahnstrecke Mitte der 80er Jahre haben neue Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet. Neulußheim liegt verkehrsgünstig zu den Zentren (Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe) und Unterzentren (Speyer, Schwetzingen, Walldorf-Wiesloch) der Region und steht für einen hohen Wohn- und Freizeitwert. Dem trägt die strukturelle und bauliche Entwicklung Rechnung. Den gesellschaftlichen Veränderungen (auch im Bereich traditioneller Familienstrukturen) entsprechend hat die Gemeinde ein ganztägiges und ganzjähriges Angebot für die Betreuung ein- bis siebenjähriger Kinder aufgebaut. Nicht schulpflichtigen Kindern stehen gegenwärtig zwölf kommunale und kirchliche Tagesgruppen offen, die Tagesbetreuung der Grundschulkinder wird dem Bedarf entsprechend zunehmend auf- und ausgebaut. Das vielschichtige Engagement in sportlichen, kulturellen und sozialen Gruppierungen, Vereinen und Vereinigungen und ein reichhaltiges Kulturangebot der Gemeinde prägen das Gemeinschaftsleben. Auch in diesem Bereich sind gesellschaftliche Veränderungen massiv spürbar. Es gelingt aber immer wieder, Inhalte und Werte durch behutsames Verändern der Formen zu erhalten.
So bleibt die Ortsgemeinschaft lebendig und funktionsstark.